Das Pferd richtig duschen

Keine Angst sich naß zu machen


Kommentar Ich muss mal schimpfen: Theoretisch weiß jeder Reiter, wie man ein Pferd duscht … jedenfalls behaupten das immer alle, wenn man sie fragt, schließlich will sich ja niemand eine Blöße geben. In der Praxis sieht das leider oft ganz anders aus.
Es ist manchmal das reinste Trauerspiel, dass man da beobachten kann und der Leidtragende ist natürlich das Pferd. Da kommt das Pferd dampfend und schwitzend vom Galoppausritt zurück und sobald es mit nur einem Huf im Stall angekommen ist, ist für die meisten Reiter nicht nur der Ritt sondern auch die Pferdezeit zu Ende. Absitzen, vielleicht noch absatteln und weg.
Wenn das brave Reittier doch noch in den Genuss einer Dusche kommen soll, wird sich nie genug Zeit dafür genommen. Immer muss alles ganz schnell gehen. Warum muss immer alles schnell gehen?? Wenn man mit Pferden zusammen ist, sollte man immer, egal, was man mit ihnen vor hat, genug Zeit, Geduld und vor allem Ruhe mitbringen.

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Das Wasser, das aus dem Schlauch kommt, der den halben Tag in der Sonne gelegen hat, wird bitte erst mal mit der eigenen Haut auf Temperatur geprüft, bevor man ohne Vorwarnung mit dem vollen Strahl aufs Pferd zielt.
Den irgendwann kalten Wasserstrahl als erstes direkt aufs Herz des erhitzen Pferdes zu lenken um sich dann lauthals zu beschweren, dass der verdammte Zosse einfach nicht still stehen will, zeugt auch nicht gerade von viel Pferdeverständnis.
Wenn sich dann doch mal jemand erinnert, daß man ein Pferd als erstes vorsichtig an den Hinterbeinen benetzt und zwar an dem zuerst, daß am weitesten vom Herzen entfernt ist, (spätestens jetzt wäre mal ein bisschen Anatomiekenntnis nützlich) werden beim Weiterduschen jedes Mal konsequent der After und die Geschlechtsteile vergessen. Also genau die Stellen, die am schlimmsten verschwitzt und verschmutzt sind und die es am ehesten zu säubern gilt!
Anscheinend finden es viele Leute ekelig, seinem treuen Reittier mal ordentlich aber mit dem nötigen Respekt über die Rosette und die Geschlechtsteile zu feudeln. Aber Hauptsache, das Pferd hat nachher die Mähne schön! Das Pferd einfach nur nass zu machen, ist auch nicht Sinn der Sache. Man muss nicht jedes Mal mit der Shampooflasche kommen und das voll Programm durchziehen. Aber man sollte sich schon bemühen, mit dem Wasserstrahl Schweiß und Staub aus dem Fell heraus zu schwemmen.
Nach den Genitalien richtet man dann seine Aufmerksamkeit auf die Sattellage, die einem nach einem schnellen und schweißtreibenden Ritt nur allzu deutlich vor Augen führt, wie gründlich man sein Pferd vor dem Satteln geputzt hat. Auch hier darf mit dem Wasserstrahl das Fell gründlich von Schweiß und vergessenen Staubkörnchen endgültig befreit werden, bis es nicht mehr schäumt. Auch sollte man keine Angst davor haben, selber mal ein bisschen nass zu werden.
Das Pferd hat auch unter der Mähne geschwitzt, die man gerne mit den eigenen Händen von der einen auf die andere Seite befördern darf, um beide Seiten des Halses gründlich abzuspritzen, ohne dabei Kopf und Ohren zu ertränken. Um den Kopf zu reinigen, nimmt man besser einen Schwamm zu Hilfe und lässt den Schlauch weg, denn viele Pferde möchten am Kopf nicht so patschnass gemacht werden. Trotzdem sind sie dankbar, wenn man sich um die juckenden, verschwitzten Druckstellen hinter den Ohren kümmert, die das Zaumzeug hinterlassen hat.
Dein Pferd sagt dir schon, wo es gerne etwas gründlicher gewaschen werden möchte und wenn es dir mit Schwung sein Hinterzeil zudreht, dann nicht, weil es dich wegtreten will, sondern weil es dir klar machen möchte, dass du da eine Stelle an der Kruppe vergessen hast.
Also bitte, nehmt euch Zeit, seht genau hin und denkt mit. Wenn ihr aus der Sauna kommt, stellt ihr euch doch zum Abkühlen auch erst ganz vorsichtig unter die kalte Dusche und springt nicht kopfüber in den Bottich mit dem Eiswasser … sowas machen nur Anfänger.


Text & Grafik: Nadja von der Hocht