Overo Lethal White Syndrom (OLWS)
Kommt ein Fohlen komplett weiß auf die Welt, ist das kein Grund zur Freude, denn es wird nur wenige Stunden überleben, wenn ihm beide Elternteile das „Overo-Lethal-White-Gen“ vererbt haben.
„Overo“ ist die englische Bezeichnung für eine ganz besondere weiße Fellfarbe, bzw. Scheckung des Pferdes, das durch eine Mutation eines bestimmten Gens verursacht wird, das für die Farbgebung zuständig ist. „Lethal White“ bedeutet „tödlich weiß“, was schon auf nichts Gutes bei diesem Syndrom schließen lässt.
Das Overo-Lethal-White-Syndrom wird auch „Lethal White Foal Syndrom“ genannt, weil die betroffenen Fohlen schneeweiß auf die Welt kommen und nicht lebensfähig sind. Das weiße Fellkleid ist das äußere Anzeichen dafür, daß das Neugeborene einen genetischen Schaden hat, an dem es innerhalb der nächsten 24 Stunden sterben wird.
Der offizielle Name dieses besonderen Overo-Lethal-White-Gens ist „Endothelin-Rezeptor-B-Locus“. Es ist nur eines von vielen verschiedenen Genen, die durch eine Mutation besonders auffällige Fellfarben kreiren. Nur verursacht eben dieses Gen, wenn es von beiden Elternteilen vererbt wird, einen tödichen Darmverschluß bei dem Fohlen, nur wenige Stunden bis Tage nach der Geburt.
Ein Pferd, daß von seinen Eltern dieses Gen nur einmal abbekommen hat, ist zwar Träger dieses Gens und kann es weiter vererben, ist aber gesund. Diese Tiere erkennt man häufig (aber nicht immer) an ihrer besonderen „Overo-Scheckung“. Ganz typisch ist die Frame-Overo-Scheckung: bei diesen Tieren sehen die weißen Flecken aus wie „eingerahmt“. Sie sehen nicht aus wie typische „Plattenschecken“. Die weißen Flecken sehen eher ausgefranzt oder zerlaufen aus und kreuzen dabei nie die Rückenlienie des Pferdes. Es gibt aber auch Träger dieses tödlichen Gens, die vollig unauffällig einfarbig sind, weshalb Züchter ihre Pferde immer genetisch untersuchen lassen sollten, um tödlich verlaufende Krankheiten bei dem neuen Fohlen auszuschließen.
Hat also ein Fohlen reinerbig von beiden Elternteilen dieses spezielle Gen vererbt bekommen, hat das nicht nur Auswirkungen auf die Fellfarbe, sondern auch andere Bereiche des Körpers sind nicht „ordentlich“ ausgebildet. So wie manche genetische Mutationen, die mit der Pigmentierung von Haar und Haut zu tun haben, zusätzlich eine Taubheit verursachen, hat dieses Gen versäumt, den Magen-Darm-Trakt des Pferdes ausreichend mit Nervenzellen zu versorgen. Die für eine gesunde Verdauung so wichtigen Nervenzellen, die für Perestaltik und Muskelkontraktionen zuständig sind und so dabei helfen, den Speisebrei durch das komplizierte und hochempfindliche Magen-Darm-System des Pferdes zu befördern, fehlen schlicht und einfach am Ende des Dünndarms, im gesamten Dickdarm und im Blinddarm. So kommt es in kürzester und absehbarer Zeit zu einem Darmverschluß.
Die dortige Muskulatur zieht sich zusammen und verengt den Darm an dieser Stelle. Der Stuhl staut sich jetzt an dieser Engstelle und der davorliegende Darmtrakt erweitert sich, da sich darin der Stuhl weiter ansammelt. Der sich ausdehnende Dickdarm verursacht eine schmerzhafte Kolik, an der das Fohlen sterben wird. In solchen Fällen ist es ratsam, das Fohlen sofort einzuschläfern, um ihm die Schmerzen zu ersparen, da es leider nicht zu retten ist
Aber Vorsicht: es gibt auch rein weißgeborene Pferde wie das Camarillo White Horse, bei denen nicht dieses spezielle Overo-Lethal-White-Gen mutiert ist, sondern ein anderes farbgebendes Gen und diese Tiere sind durchaus lebensfähig. Ein Gentest, um das Overo-Lethal-White-Syndrom auszuschließen (oder zu bestätigen), ist also in jedem Fall angebracht.
Foto oben: gesundes Pferd mit Frame Overo Scheckung: User:Malcolm Morley,
CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Foto unten: dominant weißes Pferd: Haase B, Brooks SA, Schlumbaum A, Azor PJ, Bailey E, et al., CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons