Comanche

Der einzige Überlebende am Little Big Horn


Comanche in Fort Riley um 1891 Eine der berühmtesten Schlachten, die auf US-amerikanischem Boden stattfanden (das sind ja nicht so viele...), war die Schlacht am Little Big Horn im heutigen Montana, in dessen Verlauf eine Gruppe sehr motivierter Krieger der Stämme Sioux, Arapaho und Cheyenne sich zusammen schlossen und am 25. Juni 1876 im Kampf um ihr Land, ihre Freiheit und ihre bloße Existenz gleich fünf Kompanien des 7. US-Kavallerie-Regimentes unter dem Kommando des berühmt-berüchtigten General George Armstrong Custer einkesselten und bis auf den letzten Mann niedermetzelten.
Die siegreichen Krieger sammelten noch fleißig die Skalps der Soldaten ein und griffen sich die versprengten Armeepferde, die unverletzt geblieben waren, bevor sie sich wieder von dannen machten. Zurück blieb das mit Blut getränkte Schlachtfeld, übersäht mit den teilweise verstümmelten Leichen der Soldaten und ihrer toten und schwer verwundeten Pferde.
Die meisten der gefallenen Kavalleriepferde sind nicht mal im Kampf gestorben, sondern wurden von ihren Reitern in ihrer Panik selbst erschossen, um sie als Schutzschild gegen die Kugeln und Pfeile der unerwartet gut organisierten und sogar besser bewaffneten Stammeskrieger zu benutzen.

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Captain Myles Walter Keogh Den nachfolgenden Truppen, die erst einige Zeit später am Ort des Geschehens eintrafen, blieb nicht mehr viel übrig als, nachdem sie unter den Soldaten vergeblich nach Überlebenden gesucht hatten, nun auch die überlebenden Pferde von ihrem Leid zu erlösen, da sie so oft getroffen und so schwer verwundet waren, dass sie nicht mehr zu retten waren.
Nur ein einziges Kavalleriepferd hatte diesen geschichtsträchtigen Tag überlebt. Es wurde einsam in einer Schlucht nahe des Litte Bighorn gefunden. Es stand dort schwer verletzt mit verdrehtem Sattel, der ihm am Bauch herunter hing. Man zählte sieben Schußwunden aus denen das tapfere Tier blutete und zunächst hielt man es noch für das Beste auch diesem Pferd den Gnadenschuß zu verpassen. Doch man überlegte es sich anders, da es trotz der vielen Kugeln im Körper tatsächlich noch in der Lage war, sich auf den Beinen zu halten und sich aus eigener Kraft fortzubewegen.
Der Name dieses Pferdes war „Comanche“. Es war das treue Reitpferd von Captain Myles Walter Keogh, der es bis kurz vor seinem Tod noch geritten hatte, denn als man seine Leiche fand, entdeckte man sein durch eine Kugel zerschmettertes Knie, daß in Reitposition genau mit der Stelle übereinstimmte, an der auch Comanche verwundet wurde. Vier der sieben Schußwunden zählte man hinter der Schulter, jeweils eine Kugel ging durch jedes Hinterbein und eine fand ihren Weg sogar durch einen Huf und trotzdem stand es noch auf eigenen Beinen, hatte überlebt und war obendrein der Erbeutung durch die feindlichen Krieger entgangen. Raddampfer Far West Nachdem festgestellt wurde, das die Verletzungen zwar schwer aber nicht unbedingt tödlich waren, entschied man sich dafür, das Pferd gesund zu pflegen. Schließlich war es ein treuer Soldat und in Erfüllung seiner Pflicht in der Schlacht verwundet worden. Die Verletzungen wurden schnell und fachkundig behandelt. Man verband die Wunden und gab dem Pferd ein Gemisch aus Wasser und Alkohol gegen die Schmerzen zu trinken. Denn den 5 Meilen langen Weg vom Schlachtfeld zum Versorgungsdampfer „Far West“, der am Zusammenfluss von Little Bighorn und Big Horn vor Anker lag, musste es aus eigener Kraft bewältigen.
Als der Trupp mit dem Pferd glücklich am Raddampfer angekommen war, wurde extra für Comanche zwischen Heck und Ruder ein Pferch an Deck eingerichtet und man breitete fürsorglich leckeres Präriegras auf dem Boden aus. Die Fahrt mit dem Dampfer bis nach Bismark dauerte 54 Stunden. Von da aus ging es weiter nach Fort Lincoln. Diesen Teil der Strecke musste der schwer verwundete Comanche zum Glück nicht alleine laufen. Er wurde so schonend wie möglich per Wagen in die Garnison transportiert, die er erst vor acht Wochen mit seiner Kompanie und seinem Reiter Captain Keogh verlassen hatte. Jetzt kehrte er allein als einziger Überlebender der Schlacht als verwundeter Veteran zurück.
In der Garnison stellte der Hufschmied der 7th Cavalery, John Rivers nach einer genaueren Untersuchung fest, dass Comanche bei einer angemessenen Behandlung gute Überlebenschanche hatte. Der Hufschmied wurde mit der Pflege des Pferdes beauftragt und er sorgte dafür, daß nach und nach die vier verbliebenen Kugeln, die immer noch im Körper steckten entfernt wurden, denn nicht alle Treffer waren Durchschüsse gewesen.
Comanche erholte sich gut und brauchte für seine vollständige Genesung Dank der guten Pflege nur ein knappes Jahr, worauf er vom damaligen Standortkommandanten sogar per Dekret offiziell in den Ruhestand versetzt wurde. Comanche galt schon lange als einziger Überlebender der berühmten Schlacht und so wurde ihm zu Ehren am 10. April 1878 sogar eine Gedenkzeremonie zelebriert, bei dem der Kommandant folgendes verkündete:

Comanche um 1887 „Das als Comanche bekannte Pferd, ist der einzige Überlebende der blutigen Tragödie am Little Big Horn am 25. Juni 1876, seine freundliche Behandlung ist eine Angelegenheit des besonderen Stolzes und des Trostes für alle Angehörigen der 7. Kavallerie, sein Leben soll daher bis zum Äußersten bewahrt werden.
Verwundet und vernarbt wie es ist, symbolisiert seine bloße Existenz, mehr als beredte Worte, den verzweifelten und hoffnungslosen Kampf gegen eine überwältigende Zahl von Feinden und heroisiert alle, die an diesem todbringenden Tag untergingen.
Der Kommandant der Kompanie I hat dafür Sorge zu tragen, dass ihm ein guter und bequemer Stall eingerichtet wird, und er soll - unter keinen Umständen - von irgendjemandem geritten oder für irgendwelche Arbeiten eingesetzt werden.
Bei allen offiziellen Zeremonien des Regiments soll Comanche, gesattelt, aufgezäumt und in Trauerflor gehüllt, von einem Soldaten der Kompanie I vorgeführt werden.“


Gezeichnet: Colonel Sturgis, sowie der Oberleutnant und der Adjutant der 7. Kavallerie

Das mit dem „Einzigen Überlebenden“ ist eigentlich nicht ganz korrekt, da die restlichen überlebenden Pferde der Kompanien entweder erbeutet oder schließlich doch erschossen wurden, weil sie schwerer verletzt waren. Bei Comanche handelt sich aber um das einzige offiziell geehrte Pferd, dafür, daß es diese Schlacht überlebt hat. Außer ihm gab es in der Geschichte bis jetzt nur drei weite Pferde, denen diese Ehre zu Teil wurde: die viebeinigen Kameraden „Reckless“, „Black Jack“ und „Chief“.
Außerdem wurde Comanche bei Shows und Paraden des öfteren fälschlicherweise als General Custers Reitpferd vorgestellt, da der Name des berüchtigten „Indianerkillers“ auch damals schon berühmter war als der Name von Captain Keogh. Und so mauserte sich der kleine, braune, sanftmütige Morgan (150 cm) mit dem kleinen Stern auf der Stirn, der einst als frei lebender Mustang das Licht der Welt erblickt hatte um später Soldat zu werden, zum Publikumsliebling der Massen. Alle wollten das Pferd sehen, daß furchtlos in die Schlacht galoppiert ist, dem Kugelhagel getrotzt und als einziger überlebt hat.
Dank der besonderen Aufmerksamkeit und der guten Pflege war Comanche lange Zeit bei guter Gesundheit und als die 7. Kavallerie im Jahr 1888 nach Fort Riley abkommandiert wurde, begleitete er sie natürlich. Er genoß seine Privilegien und durfte unbehelligt über die Weiden streifen. Manchmal stattete er auch den Blumengärten einen Besuch ab und frönte seiner Vorliebe für gut gebrautes Bier.
Nach all den zahlreichen, kriegerischen Einsätzen im Dienste der Kavallerie, bei denen er insgesamt zwölfmal verwundet wurde, bevor er in seine letzte Schlacht am Little Big Horn zog, hatte er das auch mehr als verdient. Comanches Präparat im Museum für Naturgeschichte in Kansas. Nur ab und zu musste er nochmal „Dienst tun“ und sich für die ein oder andere Parade chick machen lassen. Dann wurde er hübsch heraus geputzt, in eine schwarze Schabracke gehüllt und mit an Steigbügeln befestigten, umgedrehten Stiefeln an der Spitze des Regiments mitgeführt. Als ganz besondere Ehrenbezeugung wurde er sogar zum „Stellvertretenden Kommandanten“ der 7. Kavallerie ernannt.
(merkwüdig: für die US-Army ist es in Ordnung, ein Pferd zum Kommandanten zu ernennen... als der römische Kaiser Caligula damals sein Lieblingspferd Incitatus zum Senator ernennen wollte, hat man ihm dafür sofort fortgeschrittenen Wahnsinn bescheinigt...)
Comanche hatte noch 15 Jahre lang ein schönes, geruhsames, umsorgtes Leben, bevor er 1891 mit ca. 29 Jahren an den Folgen einer Kolik starb. Um sein Andenken möglichst lange zu bewahren, wurde beschlossen, Comanches Körper zu konservieren. Er bekam zwar eine Beerdigungszeremonie mit allen militärischen Ehren, doch Comanches Haut und Knochen brachte man zum damals besten Präparator, den man finden konnte, um ihn für die Nachwelt zu erhalten.
Man kann ihn noch heute bestaunen. Sein über 130 Jahre altes Präparat steht aufwändig restauriert in einem vor Feuchtigkeit geschützten Glaskasten im Museum für Naturgeschichte der Universität von Kansas, Dyche Hall, Lawrence, Kansas.

Text: Nadja von der Hocht

Foto: Comanche in Fort Riley um 1891
Autor/-in unbekanntUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Foto: Captain Myles Walter Keogh
D. F. Barry, Public domain, via Wikimedia Commons

Foto: Raddampfer "Far West"
D. F. Barry, Public domain, via Wikimedia Commons

Foto: Comanche um 1887
John Grabill, Public domain, via Wikimedia Commons

Foto: Präparat Comanche
GorianEmpathy, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons