Zerebelläre Abiotrophie (CA)
Die Zerebelläre Abiotrophie ist eine genetisch bedingte neurologische Tiererkrankung und wird auch als
„Zerebelläre Kortikale Abiotrophie“ (CCA), „Kleinhirnatrophie“ oder „Cerebellar Abiotrophy“ (CA)
bezeichnet.
Diese Erkrankung tritt verstärkt bei ganz bestimmten Pferderassen auf.
Betroffen sind vor allem der
Vollblutaraber
und alle seine Kreuzungen, sowie das
Miniaturpferd, das
Gotland-Pony und eventuell auch der
Oldenburger.
Diese Krankheit tritt auf, wenn ganz bestimmte Nervenzellen, die sogenannten „Purkinjezellen“,
durch „Apoptose“ im Kleinhirn absterben.
Als Apoptose bezeichnet man eine Form des programmierten Zelltods.
Dabei handelt es sich um ein „Suizidprogramm“ einzelner Zellen, daß nach einer starken Schädigung der
Erbinformation auftritt.
Bei der Zerebellären Abiotrophie trifft es die Purkinjezellen, große, stark verästelte Nervenzellen,
über die Signale an andere Zellen weitergeleitet werden.
Sie sitzen in der Rinde des Kleinhirns und sind ganz besonders für das Gleichgewicht, die Koordination
und die Feinmotorik zuständig.
Sie ermöglichen die Kommunikation zwischen den verschiedenen Schichten der Kleinhirnrinde.
In den meisten Fällen beginnen diese Zellen innerhalb der ersten 90 Lebenstage eines neugeborenen
Fohlens abzusterben.
Die Krankheit lässt sich bereits erkennen, wenn das Fohlen jünger als sechs Monate ist.
Manchmal ist der Verlauf der Krankheit aber auch so schleichend, daß es niemandem auffällt.
Die Jungpferde sind dann vielleicht schon zwei bis drei Jahre alt und werden erst auffällig,
wenn sie gestresst werden, zum Beispiel beim Besitzer- und/oder Herdenwechsel oder wenn der Ernst
des Lebens beginnen soll und man anfangen möchte, mit ihnen zu arbeiten und zu trainieren.
Die Symptome für solch eine genetisch bedingte Erkrankung sind mannigfaltig:
Das Pferd hat Gleichgewichtsstörungen und kann seine Bewegungen nicht kontrollieren,
die sehr unbeholfen wirken mit weit gespreizten Vorderbeinen und nah beieinander stehenden
Fesselgelenken.
Es neigt zur Hyperaktivität und oft kann man ein deutliches Zittern und Ruckeln des Kopfes erkennen.
Die Gangart aus der Schulter in die Vorhand ist steif und überhöht.
Oft steht das Pferd auf abgeknickten Hufen oder versucht sogar, so zu gehen.
Manchmal überkreuzt es dabei die Beine.
Die Nickhaut des Auges zeigt nur ein verspätetes oder gar kein Zwinkern, es hat eine schlechte
Tiefenwahrnehmung und kann Raum und Entfernungen nur sehr schlecht bis gar nicht einschätzen.
Betroffene Pferde sind sehr anfällig für alle Arten von Unfällen und neigen außerdem auch noch dazu in
feststehende Objekte hinein zu rennen.
In schweren Fällen hat das Pferd auch Schwierigkeiten beim Aufstehen sowie beim Rückwärtsgehen.
Versucht das Pferd eine Wendung, rutschen die Hinterbeine seitwärts weg oder es fällt sofort hin.
Es stürzt auch, wenn es versucht zu steigen, wobei es sich nicht selten den Kopf anschlägt.
Dabei verfügen betroffene Pferde über eine normale Intelligenz, eine klare Sicht, einen guten Appetit
und keinerlei Muskelschwund.
Ein Pferd mit nur einem defekten Gen kann es an seine Nachkommen weiter vererben, ohne selbst von der
Krankheit betroffen zu sein.
In der Genetik bezeichnet man „normale“, bzw. gesunde Pferde ohne CA als N/N,
Pferde mit nur einer Kopie des CA-Allels als N/CA und voll betroffene Pferde mit zwei Kopien#
des CA-Allels als CA/CA.
Pferde mit N/CA können das defekte Gen weiter vererben, deshalb muss man darauf achten, daß das zweite
Elterntier nicht auch N/CA ist.
Denn erbt das Fohlen von beiden Elternteilen das jeweilige CA-Allel, ist es voll betroffen und die
Krankheit bricht aus.
Ursache:
Die Zerebelläre Abiotrophie oder auch „Cerebellar Abiotrophy“ (CA) ist eine vererbbare,
genetisch bedingte, neurologische Erkrankung, die entsteht, wenn eine Mutation in der genetischen
Basis von CA vorliegt und es somit zu einem Absterben der Purkinjezellen im Kleinhirn kommt.
Verlauf:
Durch den Gen-Schaden entwickelt sich die Zerebelläre Abiotrophie, wenn die Purkinjezellen im Kleinhirn
durch programmierten Zelltod absterben.
Da diese speziellen Nervenzellen besonders für das Gleichgewicht, die Koordination und die Feinmotorik
zuständig sind, bekommt das Pferd sehr bald Probleme damit, seine Bewegungen zu kontrollieren.
Die ersten Zellen beginnen innerhalb der ersten 90 Tage nach der Geburt damit, abzusterben.
Meistens ist die Erkrankung schon innerhalb der ersten sechs Lebensmonate erkennbar.
Ab und zu verläuft der Prozess aber auch so schleichend, daß sich dem zuständigen Pferdemenschen erst
nach zwei bis drei Jahren der Verdacht aufdrängt, daß mit dem Pferd etwas nicht in Ordnung sein könnte.
Üblicherweise sind die ersten Symptome erkennbar, wenn das Pferd zum ersten Mal stressigen Situationen
ausgesetzt wird.
Sei es durch Streß, der beim Absetzen von der Mutter oder gleich der ganzen Herde entsteht,
oder wenn das Pferd umquartiert und ins Training gegeben wird.
Symptome:
- Ataxie (unkontrollierte Bewegungen)
- Gleichgewichtsstörungen
- Intensionstremor (Zittern des Kopfes)
- unbeholfene Bewegungen, wie weit gespreizte Vorderbeine mit nah beieinander stehenden Fesselgelenken
- Hyperaktivität
- mangelhafter Drohreflex
- verspätetes oder fehlendes Zwinkern der Nickhaut (drittes Augenlid)
- steife oder überhöhte Gangart aus der Schulter in die Vorhand
- grobes und ruckartiges Kopfruckeln beim Versuch des Fohlens zu saugen oder bei anderen Bewegungen
- gehen mit überkreuzten Beinen
- Stehen und Gehen auf abgeknickten Hufen
- schlechte Tiefenwahrnehmung
- unfähig Raum und Entfernung abzuschätzen
- Schwierigkeiten beim Aufstehen
- Schwierigkeiten beim geradeaus Rückwärtsrichten
- enge Wendungen führen zum Hinfallen oder zu seitwärts wegrutschenden Hinterbeinen
- Hineinlaufen in feststehende Objekte
- Fallen beim Versuch zu Steigen
Heilungschancen:
Die Zerebelläre Abiotrophie ist nicht heilbar und eine ursächliche
Therapie, die die Krankheit eventuell verlangsamt existiert zur Zeit leider auch nicht.
Da die Krankheit fortschreitend verläuft und zu einer zunehmenden Einschränkung der Lebensqualität des
Pferdes führt, ist die Prognose sehr schlecht.
Text & Grafiken:
Nadja von der Hocht
Foto: Zweijähriges Stutfohlen mit Kleinhirnabiotrophie zeigt eine steife oder überhöhte Gangart aus der Schulter in die Vorhand.
Montanabw, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons