Wildpferd
Echte und ursprüngliche Wildpferderassen gibt es heute kaum noch.
Daher bezeichnet man auch verwilderte, ausgesetzte, sich selbst überlassene und wild lebende Hauspferde
allgemein als Wildpferde.
Sobald ein Pferd Eigenschaften aufweist, die es geeignet für ein selbsbestimmtes Leben ohne
menschliche Hilfe unter freiem Himmel macht, ist man geneigt, es als Wildpferd zu bezeichnen.
Zu diesen Eigenschaften zählen eine robuste Gesundheit und die Fähigkeit,
sich an seine Umgebung anzupassen.
Ähnelt es auch noch in seinem äußeren Erscheinungsbild einem Wildpferd und hat es bereits
längere Zeit unter natürlichen Bedingungen überlebt,
hat es auf jeden Fall die Bezeichnung Wildpferd verdient.
Als echte Wildpferde gelten alle Rassen, die nicht vom Menschen domestiziert wurden,
einschließlich der ausgestorbenen Rassen und der bisher nicht genau identifizierte wildlebende Urahn
des heutigen Hauspferdes.
Als gegenwärtige Vertreter des Wildpferdes der Neuzeit gelten der im 19. Jahrhundert bedauerlicher
Weise ausgerottete Tarpan und das noch existierende und nach seinem Entdecker, dem Expeditionsreisenden
Nikolai Michailowitsch Przewalski benannte Prezewalski-Pferd,
auch bekannt als Mongolisches Pferd, Tachi, oder Asiatisches Wildpferd.
Der Wildpferdestatus beider Rassen wird zwar heiß diskutiert und mittels genetischer Studien immer
wieder in Frage gestellt, trotzdem ist es bisher niemandem gelungen,
weder den Tarpan noch das Przewalski-Pferd in die direkte Abstammungsfolge
zum heutigen Hauspferd einzuordnen.
Das Aussehen des Tarpans ist leider nur noch über historische Beschreibungen rekunstruierbar.
Es existiert zwar eine einzige Fotografie eines angeblichen Tarpans, allerdings wird die Reinerbigkeit
des abgebildeten Tieres ebenfalls angezweifelt.
Nach den Quellen aus dem 18. und 19. Jahrhunderts war der Tarpan ein eher kleines Pferdchen,
mit einer Widerristhöhe von nicht größer als 140 cm.
Sein Kopf soll groß gewesen sein, mit spitzen Ohren.
Das Kurzhaar soll eine eher graue Färbung aufgewiesen haben, die zu den Gliedmaßen hin etwas
dunkler wurde.
Richtung Bauch wurde das Fell dagegen wohl etwas heller.
Das Langhaar war dunkler als das Kurzhaar.
Die Mähne wurde als „struppig“ beschrieben, wobei offen gelassen wurde, ob es sich dabei um eine
Stehmähne handelte, oder ob diese eher hängend ausgebildet war.
Auf dem einzigen Foto hängt die Mähne ganz offensichtlich.
Außerdem war der Tarpan wohl stolzer Besitzer eines Aalstriches, eines von drei eindeutigen Abzeichen
eines Wildpferdes.
Sein ursprünglicher Lebensraum waren die westrussischen und ukrainischen Steppenlandschaften,
die geschlossenen Waldgebiete Polens und des Baltikums, sowie einige Gebiete in Mittel- und Westeuropa.
Tarpane, die man heute in diversen Zoos und Tierparks bewundern darf, sind „Abbildzüchtungen“,
bei denen die Züchter versucht haben, die nach ihren Vorstellungen typischen Wildpferdemerkmale
zurück zu züchten.
Das Heckpferd ist aus so einem Zuchtversuch entstanden, welches wiederum gerne für weitere
Tarpan-Rückzüchtungs-Versuche verwendet wurde.
Das Przewalski-Pferd ist heute noch dank engagierter Zuchtprogramme seitens mehrerer zoologischer
Institutionen quicklebendig in drei Schutzgebieten der Mongolei anzutreffen.
Es hat eine Widerristhöhe von 134 bis 146 cm und ist zwischen 200 und 300 kg leicht.
Der rötlich- bis gelblich-braune Körper mit der hellen Bauchseite wirkt gedrungen mit einem recht
großen und dunklen Kopf.
Charakteristisch ist eine M-förmige oder sattelartige Markierung,
die den Übergang vom dunkleren Rücken zur helleren Bauchseite hervorhebt.
Den kurzen und kräftigen Hals schmückt eine kurze, zweifarbige Stehmähne,
während der buschige Schweif nur im unteren Teil längere Haare aufweist.
Die Gliedmaßen sind dunkler gefärbt mit manchmal leicht erkennbaren Zebrastreifen und natürlich fehlt
auch bei diesem Wildpferd der Aalstrich nicht.
Das Przewalski-Pferd ist genetisch gesehen kein direkter Verwandter des heutigen Hauspferdes
und darf wohl trotz aller Diskussionen vorsichtig als letzte lebende Wildpferderasse angesehen werden.
Vertreter der halbwilden Pferde oder der wildlebenden Pferderassen sind unter anderem der
amerikanische Mustang,
das australische Brumby,
das deutsche Dülmener Pferd,
das kanadische Sable-Island-Pony oder
das französische Carmargue-Pferd.
Bei diesen Rassen handelt es sich nicht um echte Wildpferde, sondern um verwilderte Hauspferde.
Die Vorfahren dieser Pferde sind irgendwann mal ihren Besitzern entwischt oder wurden ausgesetzt
und sich selbst überlassen.
Die Pferde, die es geschafft haben auf sich selbst gestellt in der Wildnis zu überleben,
haben lange Zeit ohne Zutun des Menschen quasi ihre eigene Rasse entwickelt durch Anpassung und
Überleben des Stärkeren.
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Text: Nadja von der Hocht
Grafik: Wildpferd-Icon
Nadja von der Hocht
Foto: Rekonstruktion einer spätpleistozänen Wildpferdeart (Equus latipes Gromova)
Roman Uchytel, Paleoartist, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Foto: Einzige Fotografie eines angeblichen Tarpans
Scherer, Public domain, via Wikimedia Commons
Foto: Przewalski-Pferde
Ancalagon, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Foto: Wilde Mustangs im US-Bundesstaat Utah
Jaime Jackson, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Foto: Australische Brumbies
Geoffrey Rhodes from Helensvale - Gold Coast, Australia, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Foto: Dülmener Pferde im Merfelder Bruch
Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / /
![]() | Für Druckerzeugnisse: | Dietmar Rabich / | /
Foto: Sable Island Ponys
Paul Gierszewski, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Foto: Camargue-Pferde
Jean-Louis Vandevivère, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons